Inzwischen herrschte wirklich heißes Sommerwetter mit 27°C (später sogar 30°C). Die vielen Besucher der Altstadt suchten die
Häuserschatten. Die Straßencafés waren nur unter den Sonnenschirmen besetzt. Als ich nach dem Spielen vor einem dieser Cafés
weiterzog, öffnete sich in der Hausfront ein Fenster und ein Mann sagte zu mir: "Spielen sie doch bitte noch ein wenig länger für meine
Gäste, ich lasse ihnen auch Kaffee und Kuchen hinausbringen." Und so kam es, daß mir kurze Zeit später ein Kännchen Kaffee und ein
großes Stück Kuchen an den Leierkasten serviert wurde.
Die Einnahmen dieses Nachmittages reichten wieder für ein gutes Abendessen, und wiederum plante ich, einen Campingplatz in der
Nähe von Weilburg aufzusuchen.
Aber wer das Abenteuer sucht, der findet eben immer eines. Und so saß ich an diesem Abend wieder an einem Waldweg, hatte mein
Zelt an einem Feldrain aufgebaut, und erlebte erneut einen wunderschönen Zeltabend.
Die Mittagshitze wurde inzwischen immer unerträglicher. Das Autothermometer zeigte 35°C an!!!. Da lag es nahe, sich möglichst im
klimatisierten Auto aufzuhalten. - Fulda wäre eine größere Stadt, und laut Navigationsgerät anderthalb Autostunden entfernt. Auch
hatte ich schon vom Fuldaer Dom gehört.
Also ab, ins Auto - Klimaanlage an!!!
Auf der Autobahn zeigte das Thermometer weiterhin 35°C an, in Fulda waren es sogar 38°C! Schon beim Aussteigen sah ich, daß die
Stadt nahezu menschenleer war. Bei diesen Temperaturen war das auch nicht verwunderlich. Deshalb beschloß ich, die Orgel erst gar
nicht auszupacken, sondern begab mich lediglich zum Fuldaer Dom, einem Barock-Dom mit dem Grab des Hl. Bonifatius, dem "Apostel
der Deutschen".
An diesem Tag hatte ich also keine Drehorgeleinnahmen.
Aufgrund der Hitze hätte ich wieder einmal ein Duschbad sehr notwendig gehabt. In der Nähe war ein Campingplatz, den ich nun
aufsuchen wollte. Während des Abendessens im dortigen Restaurant fragte ich mich jedoch, warum ich eigentlich noch diese Nacht
dort verbringen wollte. Nur wegen des Duschens? In 4-5 Stunden würde ich doch auch zuhause sein können. Und so machte ich mich
noch in der gleichen Stunde auf dem Heimweg. Bei der Ankunft um Mitternacht zeigte das Autothermometer immer noch 25°C !
Ja, es waren wieder fünf sehr erlebnisreiche Tage gewesen, an denen ich mich völlig planlos treiben ließ und ausgiebig meine Drehorgel
spielte. Überall war man mir wohlgesonnen, und kam auch mit vielen Passanten ins Gespräch. Die Einnahmen deckten zwar nicht ganz
die Ausgaben der Reise, aber ich kann zufrieden sein.
Das Resümee der Reise? Es hat einfach wieder riesigen Spaß gemacht!
Was war nervig? Daß in Innenstadtnähe nur Kurzparkplätze vorhanden sind.
Und vieleicht etwas Statistik gefällig?
Die freundlichsten Passanten waren: Überall (!!!)
Die größte Einnahme (auf eine Stunde bezogen) war in Marburg
Die geringste Einnahme (auf eine Stunde bezogen) war in Weilburg
Die meisten Passanten gingen an meiner Orgel vorbei in Gießen
das geringste Interesse an meinem Orgelspiel war in Weilburg
Die größte Kupfergeldsammlung war in Marburg
Da ich ja mein "Ziel", den Limburger Dom, einen Tag zu früh
(Donnerstag) erreicht hatte, lagen Freitag und Sonnabend noch vor mir.
So ist es halt, wenn man sich planlos treiben läßt: Ein neues Ziel mußte
her.
Irgendwann hatte ich mal was von einem "Lahntunnel" gehört. Dort soll
die Lahn in einem Tunnel durch einen Berg geführt sein. - Tatsächlich,
auf meiner Autokarte war ein "Lahntunnel" verzeichnet, und zwar bei
Weilburg (wo ich ja bereits am Vortag war). Erneut frühstückte ich dort
am Marktplatz und befragte die Bedienung nach diesem Lahntunnel. Der
ist gleich neben der Weilburger Altstadt und war mit einem kurzem
Fußweg zu erreichen. Nun ja, dieses Bauwerk ist zwar "interessant", aber
auf keinen Fall "imposant". Der Flußtunnel wurde mal gebaut um die
Lahnschleife um Weilburg für die Erzschifffahrt abzukürzen. Als er um
1900 fertig wurde, war er bereits damals schon ein Investitionsflopp: Die
Erzgrube hatte inzwischen mangels Rentabilität ihren Betrieb eingestellt.