Der Abend verging wie im Fluge, und als ich aufgrund der einbrechenden Dunkelheit die Schrift des
Liederbuches nicht mehr lesen konnte, fiel mir ein, daß ich ja noch für mein Nachtlager zu sorgen hatte.
Waschen...? ach du liebe Güte – daran hatte ich ja nun gar nicht gedacht! Der Rest aus einer
Mineralwasserflasche reichte mal gerade zum Händewaschen.
Dann versuchte ich zunächst einmal hinten im Kombi Platz zu schaffen, um dort im Auto zu schlafen. Aber
denkste... die Ladefläche ist für mich ca. 10 cm zu kurz. "Na gut, " dachte ich, "schläfst du eben draußen. "
Damit mein Nachtlager im Gras nicht von unten feucht werden sollte, breitete ich den Zeltboden aus. Als
ich dabei von nicht wenigen Mücken attackiert wurde, beschloß ich allerdings dann doch, das Zelt gänzlich
aufzubauen. Und alsdann habe ich laut über mich gelacht: Auf was ich doch als alternder Mensch alles zu
achten habe: meine Lesebrille, meine Magentabletten, meine Blutverdünnung, das Handy,
Autoschlüssel.........
Und ich erinnerte mich daran, daß früher von mir schon die Mitnahme einer Zahnbürste als unnötiger
Ballast empfunden wurde, und ich jetzt ohne Flaschenöffner fast hilflos gewesen war.
Wenn man so ungewohnt auf gewachsenem, und harten Boden schläft, ist man des Morgens schon sehr früh
wach. Aber trotz des wenigen Schlafes war ich doch sehr erfrischt aufgewacht. Die Morgenwäsche fiel
schon erst mal aus – das Wasser war alle. Zähneputzen mit einem Schluck Bier geht aber!!! Dann packte ich
zuerst das Zelt zusammen, um nicht doch noch wegen des wilden Zeltens irgendwelchen Zorn auf mich zu
ziehen.
Nach meinem „Bauarbeiterfrühstück“ (Schrippe und Bier) setzte ich mich wieder auf meinen Orgelwagen
und begann den Tag erneut mit frohem Singen, nun aber mit den Morgenliedern von den ersten Seiten des
Liederbuches.
So wartete ich auf den Tagesbeginn, und
setzte gegen 7 Uhr meine Fahrt nach
Münster fort. Um 8 Uhr in der Frühe ist es
natürlich für das Orgelspiel noch viel zu
früh, aber man bekommt in der Innenstadt
noch Parkplätze. Da die Bäckereien gerade
öffneten, genehmigte ich mir noch ein
Frühstück (diesmal mit Kaffee), was aber
schon als Vorschuß zu Lasten der erst noch
zu erwartenden Einnahmen des Vormittags
ging.
Es dauerte dann doch noch bis 10 Uhr, bis
sich der Fußgängerbereich der Innenstadt
mit Leben füllte. Ich stellte mich zunächst
an den Markteingang am Münsterplatz auf,
wo mir sogleich ein Mann mit einem
Stadtwappen und der Aufschrift
"Ordnungsamt" auf dem Hemd mündlich eine Vorschrift auferlegte: "Eine halbe Stunde spielen, eine halbe
Stunde Pause und dabei jeweils den Standort wechseln! "
Nun ja, das ist einzusehen, aber meinen Einnahmen nicht dienlich. Und weil er sich dann nicht mehr
blicken ließ und ich den fahrzeugfreien Fußgängerbereich unter ständigem langsamen Weitergehens
"bespielte", sind meine Pausen zunächst noch zaghaft, dann aber doch deutlich kürzer ausgefallen.
Zum frühen Nachmittag packte ich die Orgel wieder ins Auto um mir eine entspannte Kaffeepause zu
gönnen. Ich machte „Kasse“ und stellte fest, daß es diesmal für den gegenwärtigen Tag wohl reichen würde,
sogar noch für ein "richtiges" Abendessen. In der Stadt Ibbenbüren, die ich für das Abendessen ansteuerte,
packte ich dann nochmals die Orgel aus, was aber gerade mal ein wenig mehr als für ein (allerdings
üppiges) Eis einbrachte.
Beim abendlichen Anruf bei meiner Frau daß es mir gut gehe und ich wohlauf sei, legte mir diese ans Herz
mir doch für die nächste Nacht ein Hotelzimmer zu nehmen. Es seien für Westfalen schwere Unwetter
angekündigt worden. Ich solle deswegen auf gar keinen Fall wieder draußen Schlafen, sie würde sich
Sorgen machen. Da sie das natürlich nicht sollte, versprach ich ihr, in einem Hotel zu übernachten und hielt
dieses Versprechen dann auch ein. Allerdings erforderte das einen „Zuschuß“ von meiner Scheckkarte.
Wohltuend lernte ich dabei nach nun zwei sehr warmen Tagen die Einrichtung einer Dusche zu schätzen.